Der Sturm peitscht mich durch dunkle Träume. Ich schrecke hoch: Ist alles nur ein Traum gewesen? Der nasse dunkle Raum mit den erloschenen Teelichtern gibt mir die Antwort. Es ist kalt, mein Schlafsack reicht nicht aus für einen geruhsamen Schlaf und so ziehe ich mich um und schlafe ein.
„Nein Fabian, so weit bist du doch nicht, oder?“ Mein Gewissen schreit mich an. Meine Idee, die Trinkflasche als stilles Örtchen zu nutzen, lehnt mein Körper ab und so gleite ich in meine klitschigen Schuhe und schlappe nach draußen. Es ist dunkel, ich stehe mit mir in diesem leeren Raum, nur der Regen spricht zu mir.
Guten Morgen liebe Sorgen, wir sind alle wach, nicht nur die Sorgen, auch mein Kumpel Wolle und die Kollegen aus Manchester, die mit uns die Bothie teilen. Die beiden eröffnen uns, dass sie heute nicht weitergehen werden. Es gibt eine Unwetterwarnung für die nächsten Tage. Nach langem Hin und Her entscheiden wir uns, nach Glenfinnan über die Hochebene zurückzugehen. Der Gedanke bei diesem Wetter hier festzustecken, während die Flüsse immer mehr ansteigen gefällt uns nicht. Es ist keine einfache Entscheidung.
Der Blick in die Wälder ist unbeschreiblich schön. Überall hängen von Feuchtigkeit geschwängerte Flechten herunter. Ich warte nur darauf, dass gleich ein Velociraptor um die Ecke kommt.
Es ist ein Sauwetter. Bis zu den Knien sinken wir in die Gedärme der Erde ein. Die Hochebene zeigt sich von ihrer grausamsten Seite. Ein Vorankommen ist so für uns nicht möglich. Wir müssen umkehren.

Auf dem Weg zur Hochebene haben wir sowas wie Zivilisation erspäht. Leider ist dort niemand, weder Handyempfang noch Menschen. Der Regen trommelt gegen das Blechdach des Hauses.
Bei unserer Rückkehr zur Bothie kann ich mir den Spruch nicht verkneifen: „We come back, we miss you so much“. Nur einer lacht darüber, ich selbst. Die Engländer versuchen, mit nassen Holz, Feuer zu machen. Sie schauen uns aus trüben, verzweifelten Augen an. Mit einmal sagt mir einer von ihnen, dass sie ein Notsignal über GPS gesendet haben. Mir schwirren tausend Dinge durch den Kopf. Sollen wir mitgehen? In der Hütte ein paar Tage ausharren, bis es besser wird? Wird es besser?
Wir haben unseren Frauen versprochen, kein Risiko einzugehen und so fällt die Entscheidung auf „Evakuierung“, was sind wir für Looser! Das Mountain Rescue Team meldet sich über das Garmin
„inReach Mini 2 Notfallmessenger“. Zum Glück haben die Beiden so einige „Gadgets“ mit dabei.
Die Rettung kann eine Weile dauern, denn das Wetter macht wohl auch Allrad-Jeeps zu schaffen.
Wuuuuuusch, die Tür fliegt auf, der Raum erhellt sich, eine dunkle Gestalt tritt herein, sein Körper dampft vor Anstrengung. „Hi guys“, ruft er aus strahlend weißen Zähnen, die uns wie Reißzähne entgegen leuchten. Ich denke, ich habe eine Erscheinung. Dieser asketische Typ erzählt uns, dass er gerade in einer berauschenden Geschwindigkeit die Hochebene überquert hat. Er schnorrt sich noch ein Trek‘n Eat, fragt uns, was wir so machen und haut wieder ab, weil er ja noch zur nächsten Bothie muss. Er ist dabei ekelhaft sympathisch und auf meine Frage, ob er eine „Illusion“ sei, muss er herzlich lachen.
Stopp, ist das gerade wirklich passiert? Haben wir Moses gesehen? Ob er wirklich so heißt, keine Ahnung, aber dieser Name beschreibt in einfach am Besten. Wir fühlen uns jetzt unendlich schlecht. Das Warten auf die Ranger zermürbt uns und wir fühlen uns gescheitert.
Als die Ranger kommen, sind wir unendlich dankbar, dass sie so freundlich sind. Sie machen uns keine Vorwürfe und sagen, dass wir richtig gehandelt haben. Eventuell sagen sie das auch nur, weil wir bedauernswert ausschauen, keine Ahnung. Ein kleines Stück müssen wir bis zu den Jeeps noch laufen. Einer der Ranger trinkt während dessen seinen Kaffee to go. Wir steigen in die Geländewagen ein. Der Ranger sagt zu uns „für diese Fahrt würden andere bezahlen“, recht hat er. Wir fahren durch dieses unwirkliche Gelände. Wasser und Matsch spritzt an den Jeeps hoch. Es macht einen morts Gaudi. Der Ranger erzählt uns noch, dass sie zur Zeit 2–3 Personen die Woche aus der Region holen müssen. Die Arbeit ist übrigens ehrenamtlich und das Government bezahlt unsere Rettung. Ein richtiger Ehrenmann dieser Typ, denke ich mir. Wir fahren an einem wunderschönen See vorbei. Im Hintergrund liegt ein schneebedeckter Berg. Er erzählt uns, dass sie vor kurzem dort oben jemanden retten mussten. Er macht diese Arbeit, damit andere die Schönheit und Wildnis der Natur genießen können, ohne von selbiger gleich verschluckt zu werden (Meine Übersetzung). Als wir um die nächste Kurve fahren, schauen uns viele Augen an, fast wie ein Tribunal empfangen uns die Rothirsche.
Ich mache ein Foto, oberflächlich toll, aber am Ende nicht ehrlich.
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